Wiederentdecktes Epitaph Gottwalt nun in Luthers Geburtshaus zu sehen

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Präsentation des Epitaphs in Luthers Geburtshaus

Dr. Thomas T. Müller, Carsten Staub, Daniela Messerschmidt, Mirko Gutjahr und Katrin Brinz präsentieren das Epitaph Gottwalt, das nun in Luthers Geburtshaus in Eisleben zu sehen ist.

Eisleben

Heute haben wir gemeinsam mit der Lutherstadt Eisleben das wiederentdeckte Epitaph Gottwalt in Luthers Geburtshaus präsentiert, das frisch restauriert nun Teil der Dauerausstellung im Museum und somit der Öffentlichkeit zugänglich ist. Anfang des 19. Jahrhunderts war es anscheinend schon einmal Teil des Geburtshauses, galt aber jahrhundertelang als verschollen.


2019 entdeckte Daniela Messerschmidt, Leiterin der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit / Kultur und Städtepartnerschaft, in einem in Vergessenheit geratenem Lagerraum der Stadt einen Stapel unbekannter Bilder. Ein großformatiges Gemälde mit der Darstellung des gekreuzigten Christus vor einer Landschaft mit zahlreichen Figuren fiel ihr dabei besonders auf. Das kunstfertig gemalte Bild hatte jedoch stark gelitten: Es war verstaubt, verschmutzt und von Holzwürmern befallen. Zudem fehlte die komplette rechte Hälfte. Dennoch ließ es sich aufgrund eines Berichtes des Oberpredigers Christian Gottlieb Berger aus dem Jahr 1827 als eines der Epitaphien identifizieren, die einstmals auf dem Eisleber Stadtgottesacker die Gräber der vornehmsten Familien des Ortes zierten, in diesem Fall vermutlich der Familie Gottwalt.


„Wir freuen uns, dass wir das kostbare Epitaph wiederentdeckt haben und es nun in diesem restaurierten Zustand der Eisleber Öffentlichkeit und auch unseren Gästen aus aller Welt wieder präsentieren können“, so Carsten Staub, Bürgermeister der Lutherstadt Eisleben. „Das Epitaph fügt sich wunderbar in unseren Epitaphienraum in Luthers Geburtshaus ein“, ergänzt Dr. Thomas T. Müller, Vorstand und Direktor der LutherMuseen, „und vervollständigt die Sammlung der einstigen Schätze vom Eisleber Gottesacker, die wir hier bereits als Leihgaben der Stadt zeigen“.


Aus Bergers „Kurze Beschreibung der Merkwürdigkeiten die sich in Eisleben, und in Luthers Hause daselbst besonders, auf die Reformation und auf Dr. Martin Luther beziehen … nebst einem Anhange als Beitrag zur Chronik von Eisleben“ geht hervor, dass das Epitaph – damals noch vollständig – bereits in Luthers Geburtshaus zu sehen war. Er beschreibt dort im Kapitel „Von den Oelgemälden auf Holz in Luthers Hause, welche erst seit 1816 in ihm aufgestellt worden sind“: „Ein Oelgemälde auf Oelgrund, 5 Fuß 2 Zoll hoch, 3 Fuß 9 Zoll breit. Es war vordem über der Gottwaltischen Familiengruft in der hiesigen verfallenen Gottesackerkirche aufgestellt. Unten findet man diese Familie mit 8 männlichen 7 sieben weiblichen Personen. Eine Jahreszahl habe ich weder auf dem Gemälde, noch in der Einfassung desselben, noch in der Mauer, noch in alten Nachrichten finden können. Die Hauptfigur ist Jesus am Kreuze, rechts und links sind Felsen, ganz hinten einige Thürme von Jerusalem. Die Auferstehung der Todten ist auch groß gezeichnet. Weniger in die Augen fallend ist die Schöpfung des Menschen und der Thiere, der Sündenfall und die Vertreibung der ersten Menschen aus dem Paradiese“. Heute sind von der von Berger beschriebenen Szene mit der Auferstehung der Toten nur noch drei Figuren erhalten geblieben, die aber genügen, um es zu identifizieren: Es handelt sich um einen Kupferstich mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts des niederländischen Künstlers Maarten van Heemskerck aus dem Jahr 1564, dessen Motive offenbar als Versatzstücke verwendet wurden. Das Epitaph muss also wenige Jahre nach der Entstehungszeit des Kupferstichs angefertigt worden sein. Der
Künstler ist unbekannt, könnte aber aufgrund der hohen Qualität der Ausführung dem Umfeld der Werkstatt Lucas Cranachs d. J. zuzurechnen sein. Ob das Grabgemälde wirklich der Gruft einer Familie Gottwalt zuzurechnen ist, bleibt trotz der Aussage Bergers unklar, da er auch schon andere Epitaphien falsch zuordnete.


Von der Familie Gottwalt ist wenig bekannt, nur eine Witwe taucht Anfang des 17. Jahrhunderts als Geschädigte im Eisleber Stadtbrand von 1601 in den Quellen auf. Auch die Geschichte des Epitaphs selbst ist unklar. Offenbar wurde es 1816 zusammen mit 11 anderen Epitaphien vom Stadtgottesacker in das damals gerade frisch renovierte Geburtshaus Luthers gebracht, um es vor drohender Zerstörung durch Wind, Wetter und Vandalismus zu schützen, wie Berger berichtet. Warum und wann es allerdings wieder aus dem Geburtshaus entfernt wurde und wie es in diesen schlechten Zustand geriet, ist nicht bekannt. Nach 1816 verliert sich seine Spur, bevor es fast zwei Jahrhunderte später von Daniela Messerschmidt wiederentdeckte wurde. „Als ich bei der Sichtung unseres Depots einige hintereinander aufgereihte Bilderrahmen zur Seite räumte, fiel mein Blick auf eine alte Holztafel, viel mehr noch auf die Szene des gekreuzigten Jesu. Mir war sofort klar, dass wir hier etwas ganz Besonderes gefunden haben. Seit Jahre treibt mich die Frage um, wo die andere Hälfte abgeblieben, viel mehr noch, wie das Epitaphfragment aus dem Geburtshaus in unsere Räume in der Bucherstraße gelangt ist“, so die Leiterin der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit / Kultur und Städtepartnerschaft der Lutherstadt Eisleben.


„Wir sind sehr dankbar, dass wir mit Mitteln der Stadt und dank einer großzügigen anonymen Spende das Epitaph fachkundig von der Restauratorin Katrin Brinz restauriert lassen konnten und es jetzt seinen verdienten Platz an der Seite der anderen Epitaphien in unserem Museum einnehmen kann“, so Mirko Gutjahr, Leiter der LutherMuseen in Eisleben und Mansfeld. Ab heute können sich alle Besucher*innen von Luthers Geburtshaus selbst ein Bild von diesem außergewöhnlichen Fundstück machen!

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Epitaph Gottwalt

Epitaph Gottwalt

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Epitaph Gottwalt im Epitahienraum

Das Epitaph Gottwalt im Epitaphienraum in Luthers Geburtshaus

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Detail des Epitaphs

Detailaufnahme des Epitaphs