Kleider machen Mönche – Warum Luther 1524 die Kutte ablegte

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gelbliches Papier, einfarbiges Porträt von Martin Luther, Schrift drunter

Heute vor 500 Jahren ...

Am 9. Oktober 1524 predigte Martin Luther in der Wittenberger Stadtkirche in weltlicher Kleidung. Ein großer Schritt und wichtiges Statement für den Reformator.

 

Was ziehe ich bloß an?

Morgens vor dem Kleiderschrank plagt so manchen die Frage: Was ziehe ich heute an? Kurze Hose? Langer Mantel? Wie möchte ich wahrgenommen werden? Worin fühle ich mich wohl?

Für Martin Luther stellten sich diese Fragen während seiner Jahre als Mönch nicht. Für den Orden der Augustiner-Eremiten gab es eine klare Kleiderordnung, die der Generalvikar Johann Staupitz 1504 schriftlich festgehalten hatte. Entsprechend dem Ansehen eines Bettelordens, sollte die Kleidung der Mönche aus Wolle hergestellt sein. Aus dem etwas teureren Leinen waren lediglich die Unterhosen. Jeder Bruder bekam zwei Unterhemden zugeteilt, eine neues und ein älteres. Darüber wurde eine langärmlige Tunika gezogen. Auch von diesen gab zwei. Die kürzere Tunika wurde bei kaltem Wetter unter die längere gezogen. Dies war die Kleidung, die so nur innerhalb der eigenen Zelle getragen werden durfte. Innerhalb ihres Konvents zogen die Mönche ein halbärmliges, an der Seite geschlitztes Gewand, das Skapulier, über die Tunika.

Laut Kleiderordnung waren Halbschuhe aus Leder vorgesehen. Auch wenn dies nicht erwähnt ist, gab es vermutlich Socken und in der kalten Jahreszeit Füßlinge aus Filz für die Nacht. Ebenso konnten im Winter warme Pelzkleider vom Kleiderverwalter ausgegeben werden. 

 

Die Kutte

Außerhalb des Klosters gaben sich die Klerikermönche, die geweihten Priester, des Ordens deutlich zu erkennen. Das schwarze Obergewand, die „cappa“, mit Kragenkapuze trug auch Martin Luther. Besonders die Kragenkapuze, die „cuculla“, ist auf den frühen Bildnissen deutlich zu erkennen. Diese Kleidung wird gemeinhin als Kutte bezeichnet.

Zum Gottesdienst außerhalb des Klosters zogen die Mönche, und so auch Luther, das prächtige Priesterornat an. In Wittenberg muss Luther so wohl 1513 das erste Mal in der Stadtkirche aufgetreten sein. Viele Jahre später, 1542, argumentiert Luther rückblickend, dass die Heiligkeit der Kutte für den Gottesdienst ausreichen würde.

Mit dem Zweifel am Glauben, wie er von der Kirche gelebt wurde, kamen auch die Zweifel am Mönchtum. Martin Luther verfasste 1521 die Schrift „De votis monasticis“, in der er das Gelübde der Mönche und Nonnen für wirkungslos erklärte. Er forderte die Brüder und Schwestern dazu auf, ihre Ordensgewänder abzulegen und die Klöster zu verlassen. Viele folgten seinem Ruf, verließen die Klöster, heirateten, erlernten Berufe und trugen vor allem nicht mehr ihre Ordensgewänder. Das Ablegen der Kutte war ein deutliches optisches Bekenntnis zur Reformation. Martin Luther selbst zögerte jedoch noch.

 

Wenn wir es lehren, warum tun wir es nicht? 

Zumindest war er von der Wartburg 1522 ohne die mönchstypische Tonsur zurückgekehrt. Dass er aber weiterhin im Mönchshabit zu sehen war, verunsicherte seine Anhänger. Jakob Probst fragte ihn 1523: Si docemus, quare non facimus? (Wenn wir es lehren, warum tun wir es nicht?)

Nun trat Luther mal in der Kutte auf, mal trug er weltliche Kleidung. Belege, dass er auch nicht mehr im Mönchshabit predigte, gibt es schlussendlich für den 9. Oktober 1524. Georg Spalatin berichtet, dass Martin Luther „die Mönchskukulle, die er sieben Jahre lang vom Beginn der Reformation getragen hat, […] in diesem Jahre am Sonntag dem 9. Oktober […] abgelegt hat“. Damit setzte auch er - Jahre später als einige seiner Anhänger – das deutliche Zeichen seiner Abwendung vom Mönchtum und der Hinwendung zur Frage: was ziehe ich heute bloß an?

 

Dazu ausführlicher: Joestel, Volkmar: Luthers Mönchskutte. In: Lutherjahrbuch 86, 2019. S. 27–51.

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Portrait von Luther, schwarze Kleidung, grüner Hintergrund