Heute vor 500 Jahren wurde Müntzer hingerichtet

Bild

So gedachte man in der DDR des hingerichteten Reformators an seinem Sterbeort:  Thomas-Müntzer-Denkmal vor dem Frauentor in Mühlhausen/Thüringen, errichtet 1957

Heute vor 500 Jahren, ...

… wurde der aufständische Prediger und Reformator Thomas Müntzer vor den Toren der Stadt Mühlhausen enthauptet, sein Leib aufgespießt und sein Kopf auf einen Pfahl gesteckt. 

Vor der Hinrichtung am 27. Mai 2025 war Müntzer in der Festung Heldrungen gefoltert und verhört worden. Ziel der Fürsten war es, bereits zu diesem Zeitpunkt, Müntzer als „Kopf“ des Bauernkrieges zu stilisieren, als „Hauptschuldigen“ nach dessen Hinrichtung man die Aufstände von 1525 als abgeschlossen betrachten konnte.

 

Die Abenddämmerung des Aufstandes

Den Ereignissen voraus ging die sogenannte Schlacht von Frankenhausen am 15. Mai. In Frankenhausen in Thüringen hatten sich bereits im April ein Verbund aus Handwerkern, Salzknechten und Pfännern gegen den Rat erhoben. Strategisch günstig gelegen war die Stadt zu einem Ausgangspunkt für Aufständische geworden. Bei einer Musterung am 4. Mai befanden sich 4.000 bis 5.000 Bewaffnete vor der Stadt, die regulär keine 2.000 Einwohner zählte. 

Gleichzeitig änderte sich Anfang Mai die Anstrengung der Fürsten, den Aufstand niederzuschlagen. Mit dem Tod Friedrich des Weisen verschwand dessen Zurückhaltung aus der Gleichung. Altgläubige und lutherische Fürsten überwanden Stück für Stück ihre Differenzen und schmiedeten eine Allianz. Zwei Heere, unter dem Kommando von Philipp von Hessen und Georg von Sachsen, bewegten sich auf Frankenhausen zu. Hier sollte der Hammer niedergehen und den mittendeutschen Aufstand zerschmettern. 

Thomas Müntzer selbst schloss sich den Aufständischen vor Frankenhausen am 11. Mai mit etwa 300 Mann Verstärkung von Mühlhausen kommend an. Als Prediger und „Diplomat“ hatte er in den folgenden Tagen sicherlich einigen Einfluss, die militärischen Entscheidungen trafen jedoch andere. 

 

Ein Ende mit Schrecken

Die Aufständischen formierten außerhalb der Stadt eine Wagenburg. Strategisch günstig auf einem Hügel schlossen sie einen befestigten Ring. Einhundert Jahre zuvor hatten die Hussiten mit ähnlichen Taktiken große Erfolge erzielt. An Waffen mangelte es nicht. Entgegen der berühmten Bilder, die Bauern mit Sensen und Mistgabeln zeigen, waren sie meisten Aufständischen mit Spießen, langen Messern und Schwertern, teilweise auch Schusswaffen ausgestattet. Müntzers Aufgebot aus Mühlhausen hatte sogar Karrenbüchsen aus dem städtischen Depot bei sich. 

Den Ausschlag gaben also nicht die Waffen. Was den Aufständischen fehlte, war Kampferfahrung, Disziplin und taktisches Verständnis. Innerhalb eines Vormittages manövrierte das Fürstenheer am 15. Mai die Wagenburg komplett aus. Auf einer Anhöhe wurde schwere Artillerie in Stellung gebracht, die in der Lage war, die Flanke der Wagenburg zu zerschlagen. 

Innerhalb des Ringes hatte Müntzer inzwischen begonnen zu predigen. Als ein Sonnenhalo am Himmel erschien, also eine seltene Art des kreisförmigen Regenbogens, deutete dies der Prediger als Zeichen Gottes für den jüngsten Tag. Der Regenbogen stand für den Bund zwischen Gott und den Menschen und war zugleich das Symbol des Bauernaufstandes. Teile der Wachmannschaften verließen ihre Posten, um Müntzer zu hören. 

Dies war der perfekte Moment für den Angriff. Der Landgraf gab den Befehl, die Wagenburg in Trümmer zu schießen. Die Reisige, also die bewaffneten Reiter des Fürstenheeres, rückten quasi widerstandslos nach und richteten unter den Aufständischen ein Blutbad an. Man versetze sich in die Lage der Aufständischen: Bauern und einfache Stadtbewohner ohne Kampferfahrung hören in einem Moment noch eine Predigt über das Ende der Welt, als sich plötzlich über ihnen der Himmel färbt. Minuten später reißt Kanonendonner ein Loch in ihre Verteidigungen, Trümmer fliegen durch die Luft und aus den Lücken stürmen kampferfahrene Männer mit gezogenen Waffen. 

Für die Aufständischen muss es sich wie die Apokalypse angefühlt haben. Dementsprechend einseitig verlief die Konfrontation. Die Quellen sprechen von etwa 10 Todesopfern auf Fürstenseiten. Die Aufständischen verzeichneten mehrere tausend Tote. Selbst wenn man propagandistische Färbung herausrechnet, sprachen die Zahlen eine einseitige Sprache. 

Müntzer selbst wurde aufgegriffen und nach Heldrungen gebracht, wo man ihn unter Folter verhörte. 

 

Die Suche nach einem Sündenbock

Thomas Müntzers Befragung verfolgte mehrere Ziele. Als Martin Luther sich später ereiferte, man habe Müntzer „nicht die richtigen Fragen gestellt“, wurde deutlich, dass verschiedene Akteure abweichende Interessen hatten, was aus dem aufständischen Prediger denn nun „herausgeholt“ werden sollte. 

Von zentraler Bedeutung waren zwei Aspekte: Müntzer sollte einerseits seiner Lehre abschwören und sie als falsch anerkennen. Gleichzeitig sollte er bekennen, hauptschuldig am Aufstand zu sein. Die Obrigkeiten in Mitteldeutschland hatten ein hohes Interesse daran, dass das Leben nach dem Bauernkrieg regulär weiterging. Blutige Strafaktionen gegen die breite Masse der Aufständischen hätten diejenigen betroffen, die Felder bestellten und für die Einkünfte der Obrigkeiten vorhanden waren. Stattdessen sollten an den Rädelsführern harte Exempel statuiert, das Thema dann aber als erledigt betrachtet werden. 

Müntzer bot sich für dieses Vorgehen an mit seinen Vorstellungen einer kommenden Apokalypse, für die man sich bereitmachen sollte, und seiner theologischen Begründung, die Obrigkeiten absetzen zu dürfen, wenn sie sich als „gottlose Tyrannen“ entpuppen sollten. Ebenso spielten persönliche Befindlichkeiten eine Rolle, war doch Graf Ernst von Mansfeld, der altgläubige Burgherr von Heldrungen, eine Art persönlicher Feind Müntzers, gegen den der Prediger manches Mal polemisiert hatte. 

Das von den Fürsten angestrebte „saubere Ende“, eine überaus zynische Formulierung, war am 27. Mai in Mühlhausen mit Müntzers Hinrichtung und der daran anschließenden Präsentation seines Kopfes gekommen. Das spätestens durch die Verhörprotokolle letztgültig kolportiere Bild von Müntzer als Teufelsgestalt und „Spiritus Rector“ des Bauernaufstandes blieb noch für Jahrhunderte bestehen. 

Das von den Fürsten angestrebte „saubere Ende“ erfolgte am 27. Mai in Mühlhausen mit Müntzer Hinrichtung und der daran anschließenden Präsentation seines Kopfes. Das spätestens durch die Verhörprotokolle letztgültig kolportiere Bild von Müntzer als Teufelsgestalt und „Spiritus Rector“ des Bauernaufstandes blieb noch für Jahrhunderte bestehen.