Der Vater der Reformation
Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt
Heute vor 500 Jahren ...
… am 28. Dezember 1524 starb Johann von Staupitz. Er war ein enger Vertrauter Martin Luthers und gilt als der Vater der Reformation. Seine Theologie kann als Vorreiterin der evangelischen Lehre angesehen werden.
Von Leisnig nach Köln und weiter nach Wittenberg
Johann von Staupitz stammte aus einem alteingesessenen Meißnischen Adelsgeschlecht und wurde ca. 1467/1468 geboren. Er wuchs in der Nähe von Leisnig auf und wurde möglicherweise sogar gemeinsam mit dem jungen Friedrich dem Weisen unterrichtet. Die beiden verband zeitlebens eine enge Freundschaft, die schließlich auch für Martin Luther und die Reformation wichtig werden sollte. Denn Friedrich der Weise berief Staupitz 1502 nach Wittenberg, um beim Aufbau der Universität behilflich zu sein und übertrug ihm die Professur für Bibelauslegung an der theologischen Fakultät. So gab es einige Punkte bei der Einrichtung der Leucorea, die deutlich auf Staupitz zurückzuführen sind. Dazu zählen bspw. die Wahl des Heiligen Augustinus als Universitätspatron, die überwiegende Übernahme der Tübinger Statuten, und die dort herrschende enge Verbindung von Universität und Augustinerkloster. In Tübingen hatte Staupitz während seiner Ordenszeit das Theologiestudium absolviert. Mit Martin Luthers Wechsel nach Wittenberg 1508 und seinem Studium an der Universität haben sich die beiden kennen gelernt. Nicht nur durch den universitären Alltag, sondern auch durch die Funktion Staupitz` als Beichtvater Luthers und gewissermaßen Vorgesetzter in der Ordenshierarchie standen die beiden von Beginn an in engem Austausch.
Der Vater der Reformation
Von den theologischen Ansichten her, war Staupitz seiner Zeit voraus. Er erkannte und benannte bereits in jungen Jahren problematische Zustände der damaligen Kirche. Allerdings musste eine Behebung der Missstände in seiner Vorstellung keineswegs zu einem Bruch mit dem System der Kirche führen, da für ihn die innere Einstellung der Gläubigen viel entscheidender war als die äußeren Rahmenbedingungen.
Staupitz vertrat die Ansicht, dass die Menschen sich Gottes Liebe nicht erst durch Handlungen wie häufiges Beichten, Gebetsleistungen, Heiligenverehrungen oder Ablässe verdienen müssten. Vielmehr war er der Meinung, dass Gott den Menschen schon von vornherein liebt und gnädig ist. In seinen ab 1512 abgehaltenen Predigten ist festzustellen, dass er nur noch aus der Bibel und kaum mehr andere Theologen zitiert. An diesen beiden Punkten lässt sich bereits zeigen, dass er Luther theologisch den Weg zu seinen Erkenntnissen sola gratia (allein die Gnade Gottes bringt den Gläubigen in das Himmelreich) und sola scriptura (allein die Schrift und die eigene Auseinandersetzung damit ist von Bedeutung) bereitete.
Der Theologe Staupitz lässt sich keinem Lager zuordnen. Weder kann er als besonderer Verfechter der katholischen Kirche gelten noch als früher Vertreter der evangelischen Lehre. Wie so viele Menschen der vorreformatorischen Zeit suchte er nach einem sicheren Weg der Erlösung und hatte für sich zufriedenstellende Antworten gefunden.
Der erhaltene Briefwechsel zwischen Staupitz und Luther belegt eine innige Freundschaft bis zum Schluss. Während sich der ältere in seinem letzten Brief an Luther als Vorläufer und Wegbereiter der evangelischen Lehre bezeichnete, hatte der jüngere Luther die Änderungen in Gang gesetzt und sich selbst in größte Gefahr begeben. Lediglich in einem Punkt waren sich die beiden uneinig: Während Staupitz der Ansicht war, die innere Freiheit des Glaubens müsse nicht zwangsläufig zu einem Bruch mit dem Papsttum führen, führten die Ereignisse nach dem Thesenanschlag schließlich zum Bruch mit der vorreformatorischen Kirche.
Durch dick und dünn – eine lebenslange Freundschaft
Mit Luthers Thesenanschlag wurde die entstandene Freundschaft zwischen den beiden auf eine Probe gestellt. Staupitz befand sich als Vorgesetzter Luthers in einer Zwischenposition. Einerseits versuchte er Luther zu schützen und unterstützte ihn auch vor Disputationen und Verhören inhaltlich. Zugleich musste er die schmale Gratwanderung zu der Obrigkeit der Augustinereremiten sowie der weiteren Kirchenhierarchie meistern. Dies war spätestens mit der Bannandrohungsbulle des Papstes von 1521 kaum mehr möglich. Staupitz löste das Problem indem er sein Amt als Generalvikar der Augustiner niederlegte und somit nicht mehr Luthers Vorgesetzter war. Er zog sich nach Salzburg zurück, nahm jedoch weiter Anteil an den Ereignissen und stand im brieflichen Austausch mit Luther.
1557 wurden die Staupitzschen Schriften auf den römischen Index der verbotenen Bücher gesetzt und gelangten von dort aus auf zahlreiche weitere Indices. Große Teile seines Nachlasses wurden daher 1584 in Salzburg verbrannt. Die Überlieferung zu Staupitz ist daher sehr reduziert worden. Dennoch weisen die erhaltenen Briefe an Luther nach, dass die beiden bis zum Tod von Staupitz ihre enge Freundschaft bewahrten.
Sowohl in der Theologie als auch im Lebenslauf liegen einige Parallelen zwischen Staupitz und Luther vor. Dies führte zu einer langen und engen Verbundenheit, der auch die reformatorischen Änderungen nichts anhaben konnten. Die Hochschätzung, die Luther seinem Lehrer gegenüber brachte, drückte er noch 1545, im Jahr vor seinem Tod aus: „Doctor Staupitz, welchen ich rhümen mus […], das er erstlich mein Vater ynn dieser lere gewest ist und [mich] ynn Christo geborn hat.“
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