Das Heilige Jahr

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grün eingefärbtes Bild, weiße Sprechblase mit "Heute vor 500 Jahren"

Heute vor 500 Jahren ...

… fand in Rom ein Heiliges Jahr statt. Zahlreiche Gläubige strömten in die Stadt, denn es wurde ein vollständiger Erlass aller bis dahin angesammelten Sündenstrafen versprochen. Während nördlich der Alpen die Reformation in vollem Gange war, fand südlich davon ein umfangreicher Ablass statt.

 

Ablass in Rom

Das erste Heilige Jahr war 1300 von Papst Bonifatius VIII. ausgerufen worden. Dem waren legendenhafte Berichte eines Mannes vorausgegangen, der 100 Jahre alt geworden war und sich angeblich an ein Heiliges Jahr 1200 erinnern konnte. Aus dieser Erzählung entstand die unbedingte Notwendigkeit 1300 ein Heiliges Jahr auszurichten. In der Folge strömten zahlreiche Menschen in die heilige Stadt. Tatsächlich war es aber eher umgekehrt. Offenbar waren am Beginn des Jahres 1300 so viele Menschen nach Rom gepilgert, dass sich der Papst gezwungen sah, ein besonderes Jahr mit größeren Vergünstigungen als sonst auszusprechen. So rief er einen Plenarablass aus, mit dem alle bis zu diesem Zeitpunkt angehäuften Sündenstrafen erlassen wurden. Der finanzielle Nutzen daraus war so groß, dass die nachfolgenden Päpste in immer kürzeren Abständen wieder ein Heiliges Jahr ausriefen. Schließlich wurde 1475 ein regelmäßiger Rhythmus von 25 Jahren festgelegt, damit jeder Gläubige im Laufe seines Lebens einmal die Möglichkeit hat, ein Heiliges Jahr zu erleben.  So fand auch 1525 wieder eines statt.

Um den Plenarablass zu erreichen, müssen die Gläubigen seit 1500 durch die heilige Pforte des Petersdoms schreiten, einer Messe beiwohnen und ihre Sünden beichten. Das Öffnen der Pforte stellt den traditionellen Beginn eines Heiligen Jahres dar, das mit dem Wiederverschließen beendet wird. Das hat sich bis heute nicht geändert. So öffnete Papst Franziskus bereits am 24. Dezember 2024 die Pforte am Petersdom und eröffnete damit das Heilige Jahr 2025.

 

Reformation in Mitteldeutschland

Martin Luthers Reformation war 1525 bereits weit verbreitet. Die Abkehr von der römisch-katholischen Kirche und damit auch die Notwendigkeit der Fürsprache von Heiligen für das Seelenheil sowie dem damit verbundenen Weg in den Himmel war schon vollbracht. Nach Luthers Ansicht reichte allein der reine Glaube an Gott (sola fide) für die Erlösung aus. Dem entsprechend konnte er die Ausrufung eines Heiligen Jahres nicht gut heißen. Er verfasste ein Vorwort zur päpstlichen Bulle, in welcher der Ablass für dieses besondere Jahr verkündet wurde und schrieb darin: 

„Lieber Papst Clemens, du wirst so süß nicht von uns für glauben, dass wir mehr Ablass kaufen. Liebe goldene Pforte, liebe Bulle, fahrt wieder nach Hause, […] wer euch kennt, der kauft euch nicht, denn wir wissen Gottlob, dass jede Stunde, in der diejenigen, die das heilige Evangelium hören und glauben ein Jubeljahr ist, wie in Lukas 4,19 steht, dass die Zeit, in der das reine Evangelium zählt, das wahre Himmelreich ein angenehmes Jubeljahr sei. Wir bedürfen deiner Bulle, lieber Papst, gar nichts, wäre nur das Blei und Pergament gespart, es trägt kein Geld.“ (nach WA 18, S. 256, 4-11)

 

Erinnerungen eines Reformators

Martin Luther war selbst – lange vor seiner reformatorischen Erkenntnis -  nach Rom gereist und hatte dort das Zentrum der Kirche erlebt. Von dieser Romreise ist nur sehr wenig bekannt und die wenigen Hinweise zeichnen ein eher ungenaues Bild. Die Reise könnte 1510 oder 1511 bis 1512 stattgefunden haben. Auch der Grund für Luthers Reise nach Rom steht nicht ganz fest. Ob er tatsächlich im Auftrag seines Ordens nach Rom ging oder es eher eine Pilgerreise war, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. In Luthers eigenen Erzählungen treten die eigentlichen Ordensangelegenheiten zurück, dagegen aber jene an die kulturellen Erfahrungen weit in den Vordergrund. Allerdings stammen diese Berichte aus den berühmten Tischreden und haben daher nach den reformatorischen Änderungen der vergangenen Jahrzehnte einen völlig anderen Fokus.

Rückblickend berichtet Luther von seiner Romreise überwiegend negativ. Zwar gibt er zu, dass er im ersten Moment, als er die ewige Stadt sah, ergriffen war, allerdings nutzte er alle weiteren Erinnerungen, um das Bild der verkommenen und vom Werteverfall dominierten römisch-katholischen Kirche zu unterstreichen. Dies entsprang seinem reformatorischen Ansinnen, besonders nachdem es zum endgültigen Bruch zwischen ihm und dem Papst gekommen war.

Auch wenn Rom nicht den Erwartungen des jungen und sehr frommen Mönchs Martin entsprach, so dürfte er die ewige Stadt 1510 oder 1511 dennoch ganz ähnlich wie die zahlreichen Rompilger wahrgenommen haben, die 1525 dorthin strömten. Die Heilsversprechungen wirkten auch auf Luther anziehend und verfehlten somit ihre Wirkung nicht. Und sie hält noch immer an, denn auch im Heiligen Jahr 2025 werden wieder zahlreiche Gläubige nach Rom pilgern und einen Erlass einen Plenarablass erlangen. 

 

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vergilbtes Papier mit schemenhafter Ansicht Roms

verzerrte Darstellung Roms von 1549, Signatur: GR 8257