Das Wort sie sollen lassen stahn!
Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt
Veranstaltungsreihe „Luther 1523"
Luthers Kabbala-Angst als Schlüssel zum Verständnis seiner Judenfeindschaft
Als Luther das Alte Testament aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzte, war er auf die Vorarbeit jüdischer Gelehrter angewiesen. Die Begegnung mit der jüdischen Bibelauslegung wurde für ihn aber zu einem verstörenden Erlebnis. Im Midrasch, der biblische Texte narrativ-fantasievoll auslegt, nahm er Lügengespinste wahr, in der jüdischen Fixiertheit auf die Buchstaben des hebräischen Alphabets sah er Formen religiös verbotener „Zauberei“. Der leidenschaftlichste und obszönste Ausdruck seiner Judenfeindschaft erwuchs aus dem Versuch, diese beiden Gestalten der Kabbala (dichterische Freiheit im Midrasch und magischer Buchstabenglaube) zu bannen. Luthers Judenfeindschaft erscheint dabei als dunkler Schatten seiner Fixiertheit auf das „Wort“.
Referent
Prof. Dr. Matthias Morgenstern studierte Evangelische Theologie in Tübingen, Zürich und Bern bevor er einen zweijährigen Aufenthalt in Israel im Rahmen der „Aktion Sühnezeichen" absolvierte. Im Anschluss widmete er sich dem Studium der Judaistik in Heidelberg und Berlin. Es folte eine Anstellung als wissenschaftlicher Assistent für Altes Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Tübingen und als evangelischer Pfarrer in Vaihingen (Enz). Seit 1999 lehrt und forscht er am Institutum Judaicum der Universität Tübingen.