Die erste dänische Bibelübersetzung

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altes Bild von Christian II., umrandet von seinem Namenszug

Christian II., König von Dänemark, Norwegen und Schweden; Kupferstich, 17./18. Jahrhundert

Etwa heute vor 500 Jahren ...

... erschien die erste dänische Übersetzung des Neuen Testaments. Damit wurden, ähnlich wie bei der deutschen Bibelübersetzung, die Grundlagen der dänischen Sprache in ihrer heutigen Form geschaffen.

 

Christian II. in Wittenberg

Der letzte König der Vereinigten Nordischen Reiche (Dänemark, Norwegen, Schweden), Christian II., war dem Humanismus sowie der Reformation zugewandt und ein großer Bewunderer Luthers. Die beiden verband ab 1523 eine recht enge freundschaftliche Beziehung, wie zahlreiche Briefe nachweisen. 

1523 erhob sich der dänische Adel gegen den König, sodass Christian II. mit seiner Familie und einigen wenigen Gefolgsleuten in die Niederlande floh. Dort wurde er aufgrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zur Familie Kaiser Karls V. aufgenommen. Er sollte nie nach Dänemark zurückkehren. Über seine Mutter war er mit Kurfürst Friedrich dem Weisen verwandt, den das dänische Königspaar im Herbst 1523 besuchte. Dabei nutzten sie die Gelegenheit, um Martin Luther persönlich kennen zu lernen und in Schweinitz eine Predigt von ihm zu hören. Bis in den Sommer des darauffolgenden Jahres wohnte das dänische Königspaar bei Lucas Cranach in Wittenberg. Da Luthers Übersetzung des Neuen Testaments seit dem Erscheinen im September 1522 ein riesiger Erfolg war und regelmäßig neu aufgelegt wurde, entstand bei Christian II. die Idee für eine Übersetzung des Neuen Testaments ins Dänische.

Allerdings war Christian II. ein Herrscher der Gegensätze: In Schweden versuchte er den Adel und die Bischöfe zu stützen. Dazu schlug er 1520 einen Aufstand nieder und ließ die Teilnehmer im so genannten Blutbad von Stockholm hinrichten, obwohl er ihnen zuvor Straffreiheit zugesichert hatte. Dies führte dazu, dass Schweden aus der Union der Nordischen Reiche austrat. In Dänemark dagegen bemühte sich Christian II. darum, den Adel einzuschränken und Prediger aus Wittenberg anzuwerben. Er schlug sich dort also eher auf die reformfreundliche Seite. Dies drückte sich auch in verschiedenen Neuerungen aus, von denen die wohl eindrücklichste war, dass Kleriker heiraten durften. Darüber hinaus zeigte er seine Sympathie für Luther, indem er die Bannandrohungsbulle in Dänemark nicht publizierte, obwohl es seine Pflicht als katholischer Regent gewesen wäre.

 

Christians II. dänische Bibel

Für die Übersetzung verpflichtete Christian II. Hans Mikkelsen, Christian Winter und Henrik Smith, wobei jeder von ihnen einen Teil des Neuen Testaments übersetzen sollte. Die Hauptgrundlage bildete die deutsche Fassung von Luther, aber auch die lateinische Ausgabe des Erasmus von Rotterdam wurde von den Übersetzern herangezogen. Die Arbeit ging schnell voran, sodass schon im August 1524 eine Ausgabe bei Melchior Lotter in Wittenberg gedruckt werden konnte. Da Lotter zu diesem Zeitpunkt gerade mit einer weiteren Auflage von Luthers Bibelübersetzung beschäftigt war, nutzte er die dafür angefertigten Holzschnitte auch für die dänische Ausgabe. Sie wurde unter dem inoffiziellen Namen „Christians II. Bibel“ bekannt, was sicher auch daran lag, dass er sein Porträt und sein Wappen auf die ersten Seiten drucken ließ. Zugleich bezog er damit eindeutig Position gegen die katholische Kirche und stellte sich hinter Luther. Für die dänische Bibelausgabe wurden sogar Luthers Vorreden zum Neuen Testament sowie die Einleitungen zu den einzelnen Schriften übersetzt. Allerdings war die Übersetzung in sehr kurzer Zeit entstanden, weswegen sie nur schwer verständlich war. Wenige Jahre nach dieser ersten Übersetzung erarbeitete der dänische Humanist Christiern Pedersen 1529 eine weitere Übersetzung des Neuen Testaments.

 

Die Übersetzung des Alten Testaments

1534 wurde Christian III. König von Dänemark und Norwegen. Als großer Anhänger Luthers führte er die Reformation in Dänemark umfassend und mit aller Härte ein. So ließ er 1536 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion drei Bischöfe einkerkern, kurz darauf folgten sämtliche anderen Bischöfe des Landes. Es sollte jedoch noch einige Jahre dauern, bis der neue König sich auch der Übersetzung des Alten Testaments annahm. Offenbar wartete man auf die vollständige deutsche Bibelausgabe aus Wittenberg, da das Fachwissen für lateinische und hebräische Texte in Dänemark nicht vorhanden war. Schließlich begann eine ganze Kommission 1545 die deutsche Bibelübersetzung ins Dänische zu übertragen und stellte sie bis 1550 fertig. Sie erschien unter dem Namen das damaligen Königs als „Christians III. dänische Bibel“. Somit konnte nun auch in Dänemark jeder dem lutherischen Grundsatz „sola scriptura“ folgen und den Bibeltext selbst ergründen.