Von Herz zu Herz

 | 19:00 Uhr
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Zusammenschnitt von 3 Porträts
Wittenberg
Theater/Konzert

Chansons und Überraschungen auf dem 15. Jahrhundert

Venedig wird im Jahr 1501 Schauplatz eines revolutionären und zugleich retrospektiven Aktes: Einige Jahrzehnte nach der Erfindung des Buchdrucks gelingt es Ottaviano Petrucci, ein Verfahren für den Druck mehrstimmiger Musik zu entwickeln. Er gibt die erste gedruckte Musiksammlung heraus: Die »Harmonice Musices Odhecaton«, bestehend aus 100 polyphonen Titeln – drei- und vierstimmige Stücke, darunter die beliebtesten Lieder aus ganz Europa, quasi die Hits der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Auch kompositionstechnisch wählte Petrucci dem Zeitgeist entsprechende Musik aus: Um 1500 war es schick, auf bekannten Liedern basierend zahlreiche – bisweilen bis zu 50! –Versionen desselben Stücks zu komponieren oder zu improvisieren. In der Kombination aus Stimme, Blockflöten und Renaissancegambe präsentiert das Trio Petrucci die Rafinesse, die Komplexität und den Witz dieses Repertoires und bindet auch eigene Versionen und instrumentale Tänze in das Programm ein. In der Musik von damals und heute sind Liebe und Sehnsucht zentrale Themen. Kein Wunder, dass sich schon Komponisten wie Hayne van Ghizeghem, Gilles Binchois, Alexander Agricola, Loyset Compère von den entsprechenden Versen angezogen fühlten! Ihre Vertonungen lassen das Publikum glatt vergessen, dass seit der Entstehung dieser Musik mehr als 500 Jahre vergangen sind…

 

Künstler*innen:

Das Trio Petrucci wurde Anfang 2021 mit der Absicht gegründet, das Chansonrepertoire aus dem späten 15. Jahrhundert in einem klanglich exzellenten Ensemble mit Gesang, Renaissancegambe und -blockflöten zu erforschen und zu präsentieren. Seither entdecken die Sängerin Shirley Radig, Flötistin Laura Dümpelmann und Dávid Budai an den Gamben neue oder vergessene Zusammenhänge zwischen Melodie, Text und Form und beschäftigen sich intensiv mit dem Wienhäuser Liederbuch, der ältesten erhaltenen Sammlung von Melodien in plattdeutscher Sprache. Die Papierhandschrift enthält 59 Lieder und wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Zisterzienserinnenkloster Wienhausen zusammengestellt. Erst 1932 fand man sie im Klosterarchiv wieder. Im Repertoire des Trios Petrucci sind zwei zeitlose Themen zentral: die Liebe und Maria. Mit diesem Hintergrund tritt das Ensemble vorwiegend in geistlichen Räumen und bei Hauskonzerten in persönlicher Atmosphäre auf.