Der unheilvollste aller Päpste

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grün eingefärbtes Bild, weiße Sprechblase mit "Heute vor 500 Jahren"

Heute vor 500 Jahren ...

… wurde ein neuer Papst gewählt. Giulio de‘ Medici (1478–1534) entstammte der einflussreichen Florentiner Dynastie der Medici, die durch den Handel mit Textilien sehr reich geworden war. Indem sie ihre Macht und ihren Einfluss mit Hilfe einer zielgerichteten Familienpolitik ausbaute, sicherte sie sich bis ins 18. Jahrhundert eine Position unter den wichtigsten Herrscherhäusern sowie in der katholischen Kirche. In der Kirchenhierarchie hatte Giulio de‘ Medici bereits sehr wichtige und einflussreiche Positionen bekleidet, als er am 19. November 1523 zum Papst gewählt wurde. Bis zu seinem Tod am 25. September 1534 übte er das höchste Amt der katholischen Kirche aus, wodurch er die Hauptzeit der reformatorischen Umbrüche nördlich der Alpen miterlebte. Das Verhältnis zum römisch-deutschen Kaiser war daher besonders wichtig.

 

Die lutherische Angelegenheit

Nur kurze Zeit nach seiner Wahl stellte Clemens VII. drei große Problemfelder vor, die es anzugehen galt. An erster Stelle nannte er dabei die lutherische Angelegenheit im Heiligen Römischen Reich, die Dringlichkeit der Entwicklungen schien dem Papst also bewusst zu sein. Kaiser Karl V. aus dem Haus Habsburg benötigte dringend die Hilfe der katholischen Kirche. Clemens VII. richtete ein Konsistorium ein, eine Art Kommission, die aus mehreren Kardinälen bestand. Diese hatten den Auftrag, Lösungen für die Probleme in der Kirche nördlich der Alpen zu erarbeiten. Sogleich wurde zudem ein päpstlicher Bote nach Nürnberg gesandt, wo sich die Reichsstände trafen, um die Angelegenheit der Reformation zu besprechen. Parallel brachte Clemens VII. mit der Reform der katholischen Kirche einen weiteren wesentlichen Punkt auf seine Agenda. Dass die katholische Kirche einiger Neuerungen bedurfte, stand ganz außer Frage. Wie diese Änderungen dagegen zu erreichen waren, war wesentlich schwieriger zu beantworten, und eine Lösung musste noch mühevoll erarbeitet werden.

Problematisch war dabei, dass die Reformation zu diesem Zeitpunkt (Ende 1523/Anfang 1524) schon sehr weit vorangeschritten war. Die nicht sehr nachdrücklichen Bemühungen Clemens VII. fielen daher in der lutherischen Angelegenheit kaum auf fruchtbaren Boden. Dies wurde noch dadurch verstärkt, dass der anfängliche Tatendrang bald nachließ und der Papst sich kaum noch zu einer Handlung und sei es auch nur zur Einberufung eines Konzils durchringen konnte. Dabei hätten sich die Bischöfe versammelt und gemeinsam mit dem Papst (oder einem Stellvertreter) über die Probleme und Lösungsmöglichkeiten der katholischen Kirche diskutiert. Die Beschlüsse hätten dann für die gesamte (katholische) Kirche gegolten. Gemeinsam mit Kaiser Karl V. hätte man entschlossen gegen die reformatorischen Bestrebungen vorgehen können. So allerdings blieb der Kaiser auf sich allein gestellt.

 

Der Papst zwischen Habsburg und Frankreich

Zeitgleich befand sich Karl V. im Krieg mit Frankreich, sie kämpften um die Vorherrschaft in Norditalien. Während sich Clemens VII. zu Beginn seines Pontifikats noch stark zurückhielt, wenn es um die Konflikte zwischen Habsburg und Frankreich ging, so ließ er zum Jahreswechsel 1524/25 jede Neutralität fallen. Er verbündete sich mit dem französischen König Franz I. und stellte sich damit gegen Karl V. Dieser Schritt sollte schwerwiegende Folgen haben.

Nach dem Sieg der Habsburger über Frankreich konnte Karl V. seine Truppen nicht bezahlen, sodass die Söldnerheere mit Plünderungen ihren Sold selbst eintrieben. Sie zogen nach Süden, wo sie im Mai 1527 Rom belagerten und plünderten (so genannter Sacco di Roma). Clemens VII. konnte sich zunächst in die Engelsburg retten, musste jedoch im Dezember aus der Stadt fliehen. Dabei wurde er gefangen genommen und kam erst nach der Zahlung eines Lösegeldes wieder frei. Erst im Oktober 1528 konnte er nach Rom zurückkehren. Trotzdem dauerte es noch zwei Jahre, bis ein Friedensvertrag zwischen Clemens VII. und Karl V. geschlossen wurde. Allerdings unterstützte der Papst auch im Anschluss an diesen Friedensvertrag nicht den kaiserlichen Kampf gegen die Reformation, berief keine Konzilien ein und ging auch nicht die angekündigte Reform innerhalb der katholischen Kirche an. Dies sollte sich bis zum Ende seines Pontifikats 1534 nicht ändern.

 

Der unheilvollste aller Päpste

Clemens VII. betrieb eher eine Italien- und Medici-Politik, als dass er die Gesamtheit der katholischen Gemeinde im Blick gehabt hätte. Insgesamt war sein Pontifikat von einer Reihe von Rückschlägen für die katholische Kirche geprägt: Nicht nur, dass weite Teile Deutschlands der Reformation folgten. In der Schweiz verbreitete sich mit Zwingli eine ganz eigene Variante der Reformation aus, die sich noch stärker auf das geschriebene Wort der Bibel fokussierte. Hinzu kamen auch noch die skandinavischen Länder, deren Abspaltung von Rom der Papst nicht aufhalten konnte. Ebenso wandte sich der englische König Heinrich VIII. von der römischen Kirche ab, da Papst Clemens VII. sich weigerte, die Ehe des Königs mit der Spanierin Katharina von Aragon aufzulösen. Damit ging der Kurie ein weiteres bedeutendes Gebiet verloren. Aus diesem Grund bezeichnete der im 19. Jahrhundert wirkende Historiker Leopold von Ranke Papst Clemens VII. als den unheilvollsten aller Päpste.

 

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Zeichnung Oberkörper Clemens VII, Ranken