Zwinglis Reformation nimmt Fahrt auf: Die zweite Zürcher Disputation

Bild
blau eingefärbtes Bild, weiße Sprechblase mit "Heute vor 500 Jahren"

Heute vor 500 Jahren ... 

fand in Zürich die 2. Zürcher Disputation statt, die Zwingli und seinem reformatorischen Ansatz den letztlich den endgültigen Durchbruch brachten.

Der von Luthers reformatorischen Ideen beeinflusste Huldrych Zwingli war zu diesem Zeitpunkt bereits vier Jahre lang Leutpriester (Pfarrer) im Zürcher Großmünster und hatte sich Ende Januar bereits in einer aufsehenerregenden ersten Disputation gegen den katholischen Bischof durchsetzen können. Doch in Zürich war im Laufe des Jahres dennoch weiter Unmut aufgekeimt. Etlichen Bürgern ging Zwinglis Reformation nicht schnell genug voran, war nicht radikal genug. Insbesondere forderten sie eine sofortige Beseitigung der Bildwerke in den Kirchen und die Abschaffung der Messe. Unter der Führung des ehemaligen Zwinglianhängers Konrad Grebel stellten sich die radikalen Reformatoren dem angeblich zu zögerlichen Zwingli entgegen.  Zwingli wollte es jedoch dem Rat der Stadt überlassen, den Zeitpunkt und das Vorgehen für die Errichtung der neuen Ordnung zu bestimmen. Als am 1. September auch noch Zwinglis engster Mitarbeiter Leo Jud predigte, dass Götzenbilder grundsätzlich aus den Kirchen entfernt werden sollten, brach ein Bildersturm los. Altarbilder, Statuen und Kruzifixe wurden zerschmettert, ewige Lichter und Weihwasserbecken zerstört. Ein großes Holzkreuz bei der Mühle Stadelhofen (heute ein Stadtteil Zürichs) wurde zu Kleinholz gehackt und der Erlös wurde unter den Armen verteilt. Grebel stellte sich mit seinen Leuten hinter die Bilderstürmer. Die Katholiken spotteten über das Chaos, das Zwingli entfesselt habe, und die Stadtregierung stand vor der Herausforderung, die Frage der Bilder und Altäre zu lösen, um die Ordnung in der Stadt wiederherzustellen.

Der Rat sah daher in der Einberufung einer zweiten Disputation den besten Weg, diesen Konflikt beizulegen und lud daher zum 26. Oktober 1523 die Bischöfe von Konstanz und Chur, die Eidgenossen und sämtliche Geistliche des Zürichgebiets ein. Rund 900 Zürcher, darunter 212 Ratsmitglieder und 350 Kleriker, nahmen an der dreitägigen Disputation teil, die sich auf drei zentrale Fragen konzentrierte:

 

Die Bilderfrage

Als Vertreter der gemäßigten Seite trat Pfarrer Konrad Schmid aus Küsnacht am Zürichsee den Bilderstürmern entgegen. Er argumentierte, dass man den Menschen die Bilder nicht entziehen sollte, bevor sie Christus als die ultimative Wahrheit erkannt hätten. Zwingli betonte die Vorrangigkeit der Predigt, lehnte grundsätzlich jedoch alles ab, was Gott verboten habe, wozu er auch die Bilder in den Kirchen zählte. Kultbilder seien Materialisierungen der Götzen, die der Mensch im Herzen trage und die ihn vom wahren Gottesdienst abhielten. Der Rat beschloss, dass die Heiligenstatuen und Altäre vorläufig in den Kirchen verbleiben, aber innerhalb eines halben Jahres geordnet entfernt werden sollten.

 

Die Messe

Auch hier plädierte Pfarrer Konrad Schmid für Geduld und weitere Lehren, während Zwingli an seiner mittleren Linie festhielt. Der Rat entschied vorerst, die Messe nicht abzuschaffen. Dies wurde dann erst in der dritten Zürcher Disputation am 13. und 14. Januar 1524 beschlossen.

 

Zuständigkeiten des Rates

Der linke Flügel, vertreten durch Grebel und Stumpf, forderte ein Machtwort der Stadtregierung angesichts von Missständen in den Gemeinden, insbesondere hinsichtlich des Abendmahls. Der Rat entschied, dass drei gelehrte Pfarrer das Land bereisen, theologisches Grundwissen lehren und über das Abendmahl predigen sollten.

 

Trotz einiger Teilerfolge zeichnete sich durch die die 2. Disputation eine deutliche Niederlage des radikalen Flügels ab. Sie distanzierten sich in der Folge  entschieden von Zwingli. Ihre Anführer Grebel und Stumpf gehörten dann später auch zu den „Gründungsvätern“ der Täuferbewegung.

Die Disputation ließ die tiefen Gräben innerhalb der Zürcher Bevölkerung erkennen: Zwingli stand mit seiner Anhängerschaft zwischen zwei Fronten: Auf der einen Seite die Altgläubigen oder Konservativen, auf der anderen Seite die Radikalen. Erst im Laufe des Jahres und im Folgejahr 1524 setzte sich Zwinglis Seite in Zürich endgültig durch. Dennoch markierte diese zweite Disputation bereits einen entscheidenden Durchbruch für die Zürcher Reformation. Das Ringen um Fragen der Bilder und des Gottesdienstes ebnete den Weg für weitere Reformen und prägte die Entwicklung der Reformation entscheidend.